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Immobilienbesitz schafft Vermögen

Die Deutschen haben im Vergleich mit den europäischen Nachbarn recht wenig privates Vermögen. Grund ist vor allem der geringe Immobilienbesitz. Aber auch der Umfang sozialstaatlicher Sicherungssysteme ist ein Grund dafür.

Jeder Privathaushalt verfügte laut Deutscher Bundesbank im Jahr 2017 abzüglich der Schulden über ein Nettovermögen von 232.800 Euro – im Durchschnitt jedenfalls. Zu einem etwas anderen Ergebnis kommt man allerdings, wenn man alle Haushalte nach dem Wert ihres Besitzes aufreiht und den sogenannten Median feststellt – das ist der Wert, der die Haushalte in zwei Hälften teilt: Die eine hat mehr, die andere weniger Vermögen. In Deutschland verfügt dieser mittlere Haushalt über 70.800 Euro, das ist nur gut ein Drittel dessen, was bei der Durchschnittsrechnung herauskommt.

Verglichen mit den anderen Euro-Staaten ist der Unterschied zwischen Median und Durchschnitt in Deutschland jeher auffällig groß, ein Hinweis darauf, dass die Vermögen hierzulande ziemlich ungleich verteilt sind. Nur in Österreich sind die Vermögen ähnlich stark konzentriert. Frankreich, Italien und Spanien haben eine ausgeglichenere Verteilung. Der Hauptgrund für das schlechte Abschneiden ist der geringe Immobilienbesitz. Mehr als die Hälfte des Vermögens in der Eurozone besteht aus Immobilien – und gerade hier haben die Deutschen wenig zu bieten. Während in Ländern wie Spanien mehr als 80 Prozent der Haushalte ein Haus oder eine Wohnung besitzen, sind es in Deutschland weniger als 50 Prozent. Mieter haben in Deutschland offensichtlich nicht so viel Bargeld, Sparguthaben, Aktien und sonstigen Besitz, um den Wert einer Immobilie auszugleichen. Hinzukommen 40 Jahre sozialistischer Diktatur und Planwirtschaft, die privaten Vermögensaufbau in vielen ostdeutschen Familien bis heute nachhaltig behindert haben.

Der Kauf eines Hauses diszipliniert beim Sparen

In Ländern wie Spanien bleibt den Menschen allerdings oft auch nichts anderes übrig, als eine Immobilie zu kaufen, denn es gibt schlichtweg keinen funktionierenden Mietmarkt. Der zwangsweise Kauf eines Hauses hat aber auch eine gute Seite, denn er diszipliniert beim Sparen – und macht die Spanier reicher. Die Verhaltensökonomik hat gezeigt, dass die Verpflichtung, einen Kredit abzuzahlen, die Budgetdisziplin erhöht. Die Menschen verzichten lieber auf einen Urlaub, wenn sie dafür ihre Schulden schneller loswerden.

Doch das in Deutschland verbreitete Mieten ist nicht der einzige Grund für das vergleichsweise kleine Vermögen. Hierzulande wurde über Generationen hinweg auch weniger Vermögen weitergegeben. Die Hyperinflation Anfang des 20. Jahrhunderts, die Zerstörungen im 2. Weltkrieg, die Vertreibungen und später die ärmlichen Verhältnisse in der DDR ließen wenig Raum für Vermögensbildung. Hinzu kommt ein Phänomen der neueren Zeit: Die Menschen vertrauen in der Regel dem Sozialstaat und legen deswegen relativ wenig für Arbeitslosigkeit, Krankheit und das Alter beiseite. Die Ansprüche an die Staatskassen gelten in der Statistik jedoch nicht als Vermögen. Würde man beispielsweise die Rentenansprüche bei der Bestimmung der Vermögensungleichheit berücksichtigen, würde sich der Gini-Koeffizient um fast 25 Prozent reduzieren. Der Vermögensanteil der ärmeren Hälfte der Bevölkerung würde sich nach Befragungsdaten des Sozio-oekonomischen Panels von 0,2 Prozent auf 16,6 Prozent erhöhen.