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Wer nimmt, wer gibt?

Mit Transferleistungen will der Staat die Bürger unter anderem vor Armut schützen und zu einem bestimmten Verhalten animieren. Je nach Zielsetzung unterscheiden sich die einzelnen Leistungen in ihrer Umverteilungswirkung fundamental.

Für einige staatliche Leistungen wie die Sozialhilfe und das Elterngeld brauchen die Empfänger keine Gegenleistung zu erbringen. Darin unterscheiden sich diese sogenannten Transfers von Versicherungsleistungen wie Renten, die nur Beitragszahler bekommen.

Doch natürlich fällt auch das Geld für die Transfers nicht vom Himmel – in der Regel stammt es aus dem allgemeinen Steueraufkommen. Und darin liegt auch der erste Umverteilungseffekt von Transferzahlungen: Weil der Einkommensteuertarif mit zunehmendem Einkommen steigt, schultern in Deutschland die Besserverdiener den größten Teil der Finanzierung. Ähnliches gilt in abgeschwächter Form auch für die Mehrwertsteuer, da Wohlhabende mehr konsumieren können als Geringverdiener.

Im Fall von Hartz IV und der Sozialhilfe ist die Richtung deshalb eindeutig: Das Geld kommt von den Reichen und fließt zu den Armen. Denn beide Leistungen erhält nur, wer nicht genug Einkommen und Vermögen hat, um aus eigener Kraft das Existenzminimum zu sichern. Die Empfänger bekommen Miete und Heizkosten erstattet und erhalten zusätzlich einen Betrag, der ihnen einen bescheidenen Anteil am kulturellen und sozialen Leben ermöglichen soll. Für viele Menschen sind die staatlichen Transfers die Haupteinnahmequelle: Die einkommensschwächsten 20 Prozent der Bevölkerung bestreiten mehr als die Hälfte ihres Einkommens mit Staatsgeld.

Transfers beziehen nicht nur Bedürftige

Weniger klar ist die Lage jedoch, wenn eine Transferleistung nicht ausschließlich den Bedürftigen zukommt, sondern zum Beispiel allen, die Kinder haben. Das Kindergeld etwa fließt im Prinzip unabhängig von Einkommen und Vermögen: Für das erste und zweite Kind spendiert der Staat im Jahr 2021 monatlich 219 Euro, für jedes weitere sogar etwas mehr. Ganz ohne Ausnahme geht es dann aber doch nicht. Eltern haben nämlich das Recht, den für ihr Kind lebensnotwendigen Einkommensanteil in Höhe von 8.388 Euro steuerfrei zu behalten. Für die meisten Menschen ist die Steuerersparnis allerdings geringer als das Kindergeld – sie bekommen daher nur das Kindergeld ausgezahlt. Weil die Steuerlast jedoch mit dem Einkommen steigt, macht sich bei höheren Einkommen die Regel mit dem Kinderfreibetrag bemerkbar, sodass es über das Kindergeld hinaus eine Steuerentlastung gibt. Der Bonus für Gutverdiener widerspricht zwar dem Gerechtigkeitssinn vieler Menschen, doch das Verfassungsgericht hat die Regelung bisher immer verteidigt.

Was für das Kindergeld nur in einer Minderheit der Fälle gilt, ist beim Elterngeld die Regel: Je höher das Einkommen, desto spendabler der Staat. Mutter oder Vater bekommen nach der Geburt eines Kindes bis zu 14 Monate lang knapp zwei Drittel ihres bisherigen Gehalts – mindestens 300 Euro, höchstens 1.800 Euro. Neben dieser Basisvariante gibt es mittlerweile auch das Elterngeld Plus, das bis zu 28 Monate zum halben Satz ausgezahlt werden kann. Das Elterngeld wurde ganz bewusst an den Lohn gekoppelt, damit Akademiker mehr Kinder in die Welt setzen.

Während sich die Profiteure des Elterngelds und anderer Geldleistungen recht einfach identifizieren lassen, sind die Umverteilungswirkungen der staatlichen Sachleistungen eher diffus. Parks und Straßen zum Beispiel stehen theoretisch allen zur Verfügung, werden in der Praxis aber unterschiedlich genutzt. So gehen Stadtmenschen vermutlich häufiger ins Theater und fahren öfter Straßenbahn als Landbewohner, schon allein, weil das Angebot praktisch vor der Tür liegt. Letztendlich gehört aber wohl jeder mal zu den Gewinnern und mal zu den Verlierern. Unter dem Strich sollte sich deshalb aber niemand dauerhaft benachteiligt fühlen.